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Von
Dreien die auszogen, Schweizer Meister zu werden |
Von:
Dorike Berner |
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Wir schreiben Freitag, den 20.
September. "Raum, Raum" schreit der Steuermann aufgeregt
neben uns – noch eine Minute bis zum Start des ersten Laufs zur
Internationalen Schweizer Meisterschaft der H-Boote. Aber der Raum
bleibt vorerst knapp. Die Boote sind dicht gedrängt und schieben
sich nur langsam zur Startlinie. Wir sind mitten drin. Unsere
taktischen Möglichkeiten sind weitgehend durch die anderen Boote
eingeschränkt. Luv Boje, Lee Boje, mit viel Schwung und Risiko oder
wenig Schwung und wenig Risiko über die Linie? Das bleibt im
Augenblick reine Theorie, im Moment können wir nur noch mit den
anderen mitschwimmen. Hin und wieder hört man wie Boote unsanft
kollidieren und langsam wird mir klar, "hier wird mit harten
Bandagen" gesegelt.
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Nach dem Startschuss entspannt sich
die Lage vorerst. Das Feld teilt sich, während 28 Boote die Kreuz in
Angriff nehmen. Nun gilt es, die Segel und das Boot optimal zu
trimmen. Leinen werden gefiert und wieder dichtgeholt, Bewegung ist
nur noch im Zeitlupentempo erlaubt. Ich wage kaum den Kopf zu drehen,
um ja nicht den harmonischen Lauf des Boots zu stören. Wir liegen
nicht schlecht, nach einem eher schwachen Start holen wir langsam auf.
Vielleicht hat es sich ja gelohnt, den Rumpf unseres beinahe 30 Jahre
alten Boots mit unserem nicht ganz so alten Küchenschwamm von
fasrigen Ablagerungen zu befreien. Schon gestern haben wir zur
Gewichtsoptimierung alles tragbare von Bord genommen und am Steg
aufgetürmt: Motor, Fender, Büchsen, Kisten, Benzinkanister
überschüssige Leinen, kurz, alles was nicht niet und nagelfest ist.
Schliesslich soll uns überschüssiges Gewicht nicht den Sieg kosten,
denn uns ist klar, siegen wird nur wer gut vorbereitet ist.
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Langsam kommt das erste Fass im Luv
näher. Wieder schallen die ersten einschüchternden "Raum,
Raum" Rufe über den See und reissen mich aus meinen Träumen. Es
wird wieder eng und ich bin froh nicht an der Pinne zu stehen, sondern
auf die Erfahrung von Klaus zu vertrauen. Peter, von Amts wegen
Bootschef unserer "alten Dame", schaut aufgrund der
haarsträubenden Manöver im Feld ebenfalls etwas besorgt und drückt
wie ich die Daumen, damit die SailCom SUI 143, die heute so stolz die
Nummer acht am Bug trägt, wieder unbeschadet an die heimatliche Boje
kommt.
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Nach dem Fass kommt unser Einsatz,
Spi-Baum setzen und Spinnaker heissen. Nun gilt es die am
diensttäglichen Regattatraining erworbenen Fähigkeiten auszuspielen.
Natürlich klemmt's und hackt's aber schliesslich ist es geschafft und
der Spi steht. Mein Hauptaugenmerk gehört nun dem Achterliek - nur
nicht einfallen lassen. Also hole ich dicht und fiere wieder auf und
hole wieder dicht und - schon bald tut der Nacken schrecklich weh und
ich bin vollkommen verspannt. Es dämmert langsam - der Schweizer
Titel wird einem nicht geschenkt.
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Endlich können wir den Spi wieder
bergen, die nächste Kreuz steht an. Also wieder still sitzen – das
zumindest ist kein Problem. Doch wohin fahren, nach backbord oder
steuerbord? Wir entscheiden uns für die erste Variante - leider.
Gerade als wir Minuten später wieder wenden wollen, dreht der Wind
und bläst uns plötzlich frisch ins Gesicht. Unser Steuermann
schimpft und die Einsicht wächst, etwas Glück kann nicht schaden -
wenn man Schweizer Meister werden will.
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Am nächsten Tag
steht der Regattaleiter mit seinem Feldstecher auf dem Dach der
Tiefenbrunner "Yachtwerft Moser", dem Ort der Veranstaltung,
und sucht den Wind über dem Zürichsee. Leider findet er ihn morgens
nicht und auch nicht mittags und so verbringen wir den Tag wartend und
üben stillsitzen. Erst am nächsten Tag ist Petrus wieder auf Seite
der Segler und schickt uns eine kräftigen Brise, so dass am Mittag,
nach insgesamt sechs Wettfahrten der Schweizer Meister feststeht. Und
wir? Wir geben uns geschlagen und belegen schliesslich den 12. Platz.
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für: Die
Seekiste, Nr. 7 |
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